WIENWOCHE 2015: Harmonija, na ja …

Programmvorschau: 15 Projekte umgehen den goldenen Mittelweg gesellschaftlicher Harmonie.

Der Konflikt ist der wesentliche Kern einer freien und offenen Gesellschaft“, schrieb der US-amerikanische Bürgerrechtler Saul Alinsky 1971 in seinem Buch „Rules for Radicals“. Ganz in diesem Sinne legt sich WIENWOCHE 2015 mit dem allzu kompromissbereiten ‚goldenen Mittelweg‘ als scheinbarer Rettungsgasse der gesellschaftlichen Harmonie an. Von 18. September bis 4. Oktober 2015 setzen 15 Projekte auf Ruhestörung und sagen: „Diri harmonia nai mrni harmonia!“ (Romanes für „Deine Harmonie ist nicht meine Harmonie!“).

WIENWOCHE 2015 erzählt gute, aber keine Gute-Nacht-Geschichten. Geschichten, die von den Geistern einer Vergangenheit handeln, an die nicht gerne erinnert wird. Geschichten, die verdrängte Taten einstiger großer ,Held_innen‘ in den Mittelpunkt rücken. Aber auch Geschichten, in denen künftige Taten geplant werden, mit denen so gut wie niemand rechnet“, erläutert das Leitungsteam von WIENWOCHE, Can Gülcü und Radostina Patulova.

Zielgenaues Widersprechen

Zum Beispiel fährt eine Geisterbahn im Wiener Prater durch den „Graus der Geschichte“, im Roadmovie „Auf nach Europa“ bereist ein ehemaliger Sans Papier noch einmal die Stationen seiner Route von Tiaret nach Wien. Im „KleynKunst Theater“ trifft jiddische Kultur der ‚Goldenen Zwanziger‘ auf queere Performance der Jetztzeit, während Kurzfilmspaziergänge als Protestkundgebungen der etwas anderen Art den Spuren der „Big Bank Theory“ folgen. All diese Projekte interpretieren den Jahresschwerpunkt Harmonija, na ja … anhand vielfältiger Themen und formulieren ihre Anliegen in künstlerischen Formaten, die ein gründliches, konkretes und zielgenaues Widersprechen ermöglichen.

Weitere Programmpunkte: „The Jewish Renaissance Boxing Club“ schreibt sich in die lange Geschichte der jüdischen Sportvereine in Wien ein, „The Black Her*Stories Project“ realisiert die ersten queeren schwarzen feministischen Filmtage in Wien. Drei Projekte unterbrechen die Ruhe in den derzeit geschlossenen Hallen des Weltmuseums: In „Gegengelesen“ erzählen Aktivist_innen Geschichten des Widerstands gegen (vergangene und weiterhin bestehende) koloniale Verhältnisse. In „Die Rückkehr der lebenden Toten“ werden die der kolonialen Vergangenheit zum Opfer gefallenen Toten wieder zum Leben erweckt, „Juden schauen“ hinterfragt stereotypisierende Blicke auf Jüdinnen und Juden.

In Dieter Kaufmanns – auf Fragmenten von Elfriede Jelineks „Die Schutzbefohlenen“ basierendem – multimedialem Musiktheater „Lampedusa“ singen junge Darsteller_innen gegen die menschenfeindliche europäische Grenzpolitik an. „MemoryGames“ lädt zu Dialogen über persönliche wie kollektive Erinnerungen, Sichtweisen auf Geschichte und historisches Wissen ein. „Was hast du mitbekommen?“ erkundet Handlungsmöglichkeiten, die sich aus der Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit für das Hier und Jetzt ergeben.

Arbeit an gesellschaftlichen Bruchlinien

Der Kampf um die Universität ist noch nicht verloren!“ erweitert die Feierlichkeiten der Universität Wien zu ihrem 650-jährigen Jubiläum mit kritischen Fragen an die wichtigste Bildungsinstitution des Landes. Das mehrsprachige Live-Audiotheater „65 Jahre Klassenharmonie“ erkundet das Wirken der Sozialpartnerschaft anhand von Themen wie Streik, Arbeitszwang, Gastarbeit oder Arbeitsverbot, und in „Platte 16“ rappen, performen und tanzen Jugendliche in ihren Lieblingsparks gegen die Einschränkungen, die ihnen im öffentlichen Raum und im Leben auferlegt werden.

Gemeinsam ist allen Projekten, dass sie auf die treibende Kraft von Bewegung und Reibung setzen, statt auf Kompromiss und Konsens. Sie fordern klar: Alles für alle! Denn: „Relevante Kunst- und Kulturarbeit ist nichts weniger als die Arbeit an den gesellschaftlichen Bruchlinien – durch Vorausdenken, Organisieren und Eingreifen“, so Can Gülcü und Radostina Patulova.

Im Herbst 2015 heißt es deshalb: Hinaus aus den Pseudo-Wohlfühlzonen, hinein ins Getümmel!

Detaillierte Informationen zu sämtlichen Beiträgen und Programmpunkten von WIENWOCHE 2015 sowie zu den Personen dahinter finden sich unter:
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